Donnerstag, 13. September 2018

#indieseptember Tag 13: "The Ghosts of NPCs Passed" von Storybrewers

OK, ich gebe es zu. Ich bin ein großer Fan der Spiele von Storybrewers. Ich finde, dass Vee und Hayley mit Alas for the Awful Sea und Good Society (siehe #indieseptember Tag 3) zwei wunderbare Spiele entwickelt haben und mit dem kommenden The Fictionalised Memoirs of Harriette Wilson and Her Sisters ein interessantes neues Spiel entwickeln. Auch mag ich es, dass die zwei sehr aktiv in der Community sind und viele Runden leiten, Q&A Sessions anbieten und den Kontakt zu ihren Spieler*innen suchen (z.B. über ihren YouTube-Kanal). Damit nicht genug: Auf ihrer Webseite haben die beiden Geschichtenbrauerinnen eine Reihe von Klein- und Kleinstspielen zum freien Download angeboten, die sich in Konzept und Ton sehr stark voneinander unterscheiden. The Ghosts of NPCs Passed ist laut Untertitel ein "Spooky Storytelling Game For A Regular Gaming Group!". Spooky? Das scheint in die Gruselhorror-Reihe zu passen (mit ein paar zwinkernden und ein paar zugedrückten Augen... zumindest schlägt es die Brücke zum Thema der kommenden #indieseptember-Woche, doch dazu später mehr).


Das Rollenspiel, das auf einer schlanken DIN A4-Seite Platz findet widmet sich einem von Rollenspieler*innen schändlich vernachlässigten Thema (pfui, Community: shame on you!): Den verstorbenen NSCs.
Little care do we give for the lives of NPCs. Stabbed, shot and beheaded, burned, battered and impaled, NPCs in our campaigns meet their deaths in droves. And what for? Nothing but our own entertainment. Well, tonight is different. Tonight those NPCs who have passed on at the hands of our characters will have a chance to tell their stories.
Man merkt gleich an dem ironischen Ton, dass das Ganze nicht völlig ernst gemeint ist. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass sich Ghosts of NPCs Passed gut eignet für einen Abend zwischendurch, oder einen dieser Abende, wo schon alle am Tisch sitzen und dann die*der Spieler*in eines unentbehrlichen Charakters 5 Minuten vor geplantem Beginn noch absagt: Nach Hause gehen? Ein Brettspiel spielen? Oder: Warum nicht eine Runde Ghosts of NPCs Passed?

Der Ton ist standardmäßig eher ein komischer als ein gruseliger, trotz der "Geisterbeschwörung". Aber ohne Mühen, lässt er sich auch gruselig gestalten. Man beschwört nämlich bei einer "Séance", während der man kreisförmig um eine Kerze sitzt - das einzige Licht im Raum -, murmelnd und Formeln singend den Geist eines verstorbenen Nichtspielercharakters (dt.: NSC; engl.: NPC). Und wie wir wissen, sterben NPCs selten an hohem Alter friedlich in ihren Betten. Vielmehr werden sie grausam niedergemetzelt, abgemurkst und kaltgemacht. Und nicht selten von den HeldenSpielercharakteren (SCs).

Die*Der erste von einem Geist besessene Beschwörende ist die Person links von dem SC, welcher den NPC getötet hat. In ihren*seinen Körper fährt der Geist ein und deklamiert - ein wenig wie die vier Geister bei Charles Dickens in der Weihnachtsgeschichte - Namen, Herkunft und Umstände des Ablebens. Etwa so:
Ich bin [NSC Name], aus dem Jenseits gerufen. Ich starb einen grausamen Tod durch die Hand von [Name des SCs], die*der [Todesumstände beschreiben].
Darauf macht der Geist, was Geister so tun, wenn man sie herbeiruft: Sie erzählen drauf los. Zwei Mal wandert der Geist den Kreis ab, fährt abwechselnd in die Körper der Anwesenden ein, die nun mit seiner Stimme, schmerzvoll verzerrt, berichten: In der ersten Runde die bislang unerzählte (Hintergrund)Geschichte ihres Lebens (des Geistes), in korrekter chronologischer Reihenfolge (ab ovo). Das zweite Mal wird der Geist die grausame und anklagend vorgebrachte Beschreibung seines Todestages berichten. Bei diesem zweiten Durchgang endet der Geist im Körper seines Mörders, dem es nun obliegt, die Geschichte des Todes selbst zu erzählen. Mit einem grausamen Racheschwur fährt der Geist abschließend zurück in die Hölle, aus der er gekommen ist. So lassen sich so viele NSCs rufen, wie die Spieler*innen möchten.

Meine Beschreibung des Spiels ist, glaube ich, schon länger als die Regeln selbst. Diese bestehen nämlich, wie schon gesagt, aus nur einer DIN A4-Seite. Zudem sind sie frei verfügbar. Es ist ein nettes kleines Spiel, das man natürlich nach Lust und Laune hacken kann. Aber eine Runde, die seit vielen Jahren spielt, hat ihren Weg vermutlich mit Leichen gepflastert. Diese kommen nun noch einmal zu Wort. Ihnen wird Leben eingehaucht in doppeltem Sinne: Nicht nur, dass sie durch die Beschwörung zum Sprechen kommen, sie erzählen auch Details, welche die Runde bislang nicht kannte: Kindheit, Jugend, erste Liebe... was auch immer den Spieler*innen einfällt. Vielleicht hinterfragen die "Helden" ihre Taten anschließend sogar. Hätte ich damals, bei Bastrabuns Bann, Limura und Isrilla (die hießen wirklich so) am Leben lassen sollen? Was ihre Geister wohl dazu zu sagen haben?

Horror? Nein! Grusel? Das muss jede Runde für sich selbst herausfinden. Spaß: Mit Sicherheit! Alles natürlich ein wenig tongue in cheek. Aber wer sagt, dass Horror immer nur ernst sein muss? Fröhliches Gruseln.

Das Spiel lässt sich hier kostenlos herunterladen: The Ghosts of NPCs Passed.
Leider gibt es keine Actual Plays. Die würden auch nur wenig Sinn machen, wenn man die beschworenen NPCs nicht kennt.

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