Montag, 10. September 2018

#indieseptember Tag 10: "Doll" von Josh Jordan (2013)

Puppen. Sind. Horror. Das wissen wir spätestens seit Chucky: Die Mörderpuppe, die wiederum auf Robert der Puppe basiert (mega creepy!). Aber schon im frühen Kino gab es immer wieder unheimliche Puppen, wie etwa in Dead of Night, einem Episodenfilm, dessen gruseligste Episode fraglos "The Ventriloquist's Dummy" mit Michael Redgrave ist, der einen Bauchredner spielt, dessen Puppe irgendwann scheinbar ihn zum bauchreden benutzt statt andersrum. Natürlich gibt es neben Plüsch, Power und Plunder noch weitere Rollenspiele mit Puppen. Und natürlich auch Horror-Rollenspiele. Doll von Josh Jordan (Verlag Ginger Goat; @joshtjordan) ist ein solches. Man spielt es nur zu zweit: Eine Puppe, ein Kind. "The doll knows everything but isn’t always honest."


Das Regelwerk ist nur zwei Seiten lang. Es beginnt mit einem Ratschlag: "Play in public." Und es setzt fort mit einer Anweisung: "Bring a doll, puppet, or other toy." Ein*e Spieler*in übernimmt also die Rolle der Puppe, ein*e die des Kindes. Die Puppe entscheidet zu Beginn, ob die Eltern des Kindes "evil or wonderful" sind, verrät es dem Kind aber bis zum Ende des Spiels nicht. Denn das herauszufinden ist Aufgabe des Kindes. 

Im Laufe des Gesprächs erzählt das Kind verschiedene Ereignisse, die auf einer Liste stehen. Etwa, dass das Haustier gestorben ist. Oder, dass ein Elternteil einen zu Bett gebracht hat und man beide Eltern im Nebenzimmer schreien hört. Das Kind, das einsam in seinem Zimmer sitzt, wendet sich mit seinen Fragen an die Puppe - es hat ja sonst niemanden. Es stellt ihm Fragen; die Puppe gibt Antworten ("but isn't always honest"). Wann immer das Kind eine Antwort von der Puppe verlangt, zählen beide Spieler*innen bis drei und drehen ihren Kopf (bzw. den der Puppe) dann nach links, nach rechts oder schauen geradeaus. Haben beide die gleiche Richtung gewählt, muss die Puppe ehrlich antworten. Andernfalls kann sie ehrlich antworten, oder auch lügen. Zudem kann die Puppe ihren Antworten übernatürliche Elemente hinzufügen. 

Michael Redgrave mit seiner Puppe in Dead of Night (1945)

Wenn der Fragenkatalog durch ist, dann ist es die Aufgabe des Kindes, zu sagen, ob die eigenen Eltern "evil or wonderful" sind und Mutmaßungen anzustellen, was passiert bzw. passiert ist. Das war es auch schon an Regeln. Ein kurzes Zwischendurchspiel, das sehr unheimlich klingt, im Prinzip ohne Regeln auskommt und sehr schön die Stimmung des einsamen Kindes einfängt, das außer seiner Puppe niemanden hat. Und ausgerechnet die Puppe ist allwissend und unaufrichtig. Gruselig? Eindeutig.

Das Spiel ist eine schöne Idee. Es braucht sicherlich Ausarbeitung und es ist bedauerlich, dass Josh Jordan hier nicht noch mehr Inhalt hinzugefügt hat, wie z.B. eine umfangreichere Fragenliste oder Vorschläge für "Hacks". Aber die Kreativität von Rollenspieler*innen ist oft hoch und so kann man sich leicht von diesem Spiel ausgehend neue Regeln und Fragen ausdenken. 
Edit 10.9.: Josh wies mich auf Twitter darauf hin, dass sein Regelwerk Advanced Doll noch weitere Optionen und Regeln enthalte. Da werde ich auf jeden Fall einmal reinschauen.

Aufmerksam geworden bin ich auf dieses Spiel durch eine Actual Play-Podcast-Episode auf She's a Super Geek.

Doll bei DriveThruRPG für aktuell $4.00 (inkl. zweier Pay What You Want-Audiobooks, die ich aber noch nicht angehört habe) und einer Anthologie: Trust Me.

Auf dem Blog des Verlags, Ginger Goat, gibt es im übrigen eine Reihe sehr interessanter Blogposts zu Themen wie Orientalism and Exoticism, Game Duets oder Diversity in Games: A Checklist.

Hier noch zwei Actual Plays mit Josh Jordan auf YouTube.


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