Donnerstag, 20. September 2018

#indieseptember Tag 20: "InSpectres" von Jared A. Sorensen (2002)

Der vorletzte Titel in der kleinen Humor-Reihe des #indieseptember ist InSpectres (schon wieder versuche ich, Euch ein Spiel als "Indie" zu verkaufen, das einen eigenen Wikipedia-Eintrag hat... aber hey, es gibt auch einen Wiki-Eintrag zu "Indie"-Rollenspielen selbst, also keine Beschwerden!).

Der Elevator Pitch sähe vermutlich ungefähr so aus: "In einer Großstadt hängt eine Gruppe von Leuten ihren klassischen Brotjob an den Nagel und gründet als Startup die InSpectres GmbH (oder GbR... aber das muss jede Spielrunde selbst entscheiden), um die in der Welt existierenden, eher lästigen und peinlichen als furchterregenden Geister auf klassischer nine-to-five-Basis zu jagen. "Skalieren" ist das Mantra dieser Gruppe junger Unternehmner*innen, die hofft, eines Tages richtig big in businnes zu sein."


Es gibt vier Skills im Spiel: Academics, Athletics, Technology und Contact (S. 10). Auf diese werden neun "skill dice" verteilt (mind. 1, max. 4; jeweils W6) und je ein Talent gewählt, dass den SC besonders auszeichnet. Aber nicht nur die klassische Charaktererschaffung steht am Anfang einer Runde InSpectres, sondern auch die Erschaffung des eigenen Franchise, das, je nach Größe, eine Zahl an Franchise Dice erhält (i.d.R. zwischen 5-10; ebenfalls W6), die man auf die drei "Mitgliedsausweise" verteilen darf: Library Card, Gym Card und Credit Card.

Das Spiel läuft so ab: "roll your skill dice when you want to use a skill, compare the result to a chart, and carry out the instructions on the chart." (S. 21) Das relevante Ergebnis ist das jeweils höchste der geworfenen Würfe, denn je höher der Wurf, desto besser. Besser im Sinne von: Es passiert nichts Unerwünschtes, man erhält zusätzliche Franchise Dice in den Pool und, der Clou, man erhält das Erzählrecht. Bei mittleren Würfelergebnissen teilen sich SL und SC das Erzählrecht. Bei richtig schlechten Würfelwürfen bleibt es allein bei der SL, die sich etwas besonders Fieses ausdenken wird (S. 21-22). Hat der SC vier Würfel in einem Skill, kann er auch einfach nur "Take 4" wählen, also das positive, aber nicht besonders aufregende Ergebnis (man erhält auch keine Franchise Dice, die man zum Lösen des Falles sammeln muss). Man spart sich den Würfelwurf und die Szene geht weiter (S. 26). Mit den Card Dices kann man Skill Rolls positiv beeinflussen (i.e. mehr Würfel bekommen). Man merkt dem Regelwerk an, dass es schon älter ist (von 2002), da es noch viel Text verwendet, um zu erläutern, wieso die Abgabe von Erzählrechten dem Spielspaß förderlich ist - das ist heute bei vielen Indie-Spielen ja eher Standard.

Es gibt die Option "Weird Agents" zu spielen (ab S. 44). Also Dämonen, Zauberer, Zombies etc. Aber das Regelwerk verweist zu Recht darauf, dass das Spiel seinen Reiz dadurch gewinnt, dass normale Leute abnormale Ereignisse bekämpfen (siehe die Box "Normal is better" auf S. 13).

Ein netter Szenentyp sind die Confessionals. Wenn ein*e Spieler*in eine solche Szene einfordert, spricht sie*er in die Kamera und offenbart Gedanken, Gefühle, Ängste, Sorgen etc., so wie man das aus Reality Shows kennt. In diesen Confessionals kann der SC einmal pro Spiel ein Charakteristikum einführen, das beim Ausspielen leichte regeltechnische Vorteile bietet.

Das Regelwerk beinhaltet für so ziemlich alles eine Würfeltabelle. Das kann man mögen oder nicht (der Eskapodcast diskutiert das Würfeln in Rollenspielen seiner aktuellsten Folge; fast gleichzeitig erschienen ist der DORP-Podcast zum Thema Zufallstabellen; und auf Teilzeithelden hat sich Marc Thorbrügge vor drei Monaten erst Gedanken zum Thema gemacht - ich vermute, dass das Thema so viel Beachtung findet, weil sich gerade zwei Fronten auftun - fluffige Erzählspiele einerseits und crunchige OSR-Spiele andererseits, ist aber nur eine Vermutung). Aber die Tabellen sind natürlich sehr gut geschrieben (erinnern an Fiasko-Tabellen) und machen durchweg Spaß, etwa wenn man seinen Klienten würfelt, die*der als Eigenschaft "horny" erhält oder immer von einem "odd smell" begleitet wird (S. 54).

Ich habe das Gefühl, dass InSpectres ein wenig an Popularität eingebüßt hat, was mit seiner schlechten Verfügbarkeit zu tun haben könnte. Ich habe von Leuten gehört, dass es lange Zeit gar nicht verfügbar war und bis heute die Printversion nicht zu bekommen ist (ich habe es mir als PDF auf DriveThruRPG gekauft, aber viele Indie-Sammler*innen legen Wert auf gedruckte Bücher fürs Regal). Auf Cons sehe ich es selten, in Onlinerunden fast nie. Möglicherweise sind die Innovationen des Spiels auch zu sehr Standard geworden, so dass Monster of the Week und ähnliche polished Spiele sich mehr in den Vordergrund haben drängen können? Gleichwohl: InSpectres bleibt ein lustiges und innovatives Spiel, das es verdient, öfter gespielt zu werden.

Es gibt immerhin eine große Zahl an Actual Plays, darunter einige als Podcasts, wie etwa der von James D'Amatos One Shot Podcast, (auch in der InSpectHers-Version) oder die Folge bei Dungeons & Randomness: A Dungeons & Dragons Podcast. Zudem gibt es einige auf YouTube zu sehen, von denen ich hier drei verlinke:

Community Indie+ spielt InSpectres. Zu Beginn werden die Regeln erklärt.

Nerds and Stuff spielen einen OneShot inkl. Tutorial

Eric Vulgaris in seiner schönen Once Upon a Game-Reihe

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