Nach einer allgemeinen Einführung in Spire, das Rollenspiel und einem kurzen Überblick über die Bücher zu Spire, die es auf Deutsch und auf Englisch gibt, nun Teil 3 dieser kleinen Reihe. Darin geht es um das System, das Spire benutzt. Dazu gibt es bereits eine sehr kompakte Folge auf dem System Matters-Podcast, in der Daniel und Frank über das Würfelsystem und den Kampf in Spire reden, was es mir erlaubt, mich kurzzufassen. Ich schaue also nur kurz auf die drei zentralen Elemente: Würfelpool, Belastung und Fertigkeiten/Kompetenzen.
Das Spiel nutzt ein eigenes System, das aber Ähnlichkeiten mit dem Pool-System von z.B. Blades in the Dark aufweist (ebenfalls bald auf Deutsch erhältlich). Man würfelt grundsätzlich mit einem zehnseitigen Würfel (W10). Das genaue Ergebnis liest man auf einer immer gleichen Tabelle ab, wobei gilt: Hohe Zahlen sind gut, niedrige eher nicht so. Aber die Chance mit einem W10 das beste Ergebnis, 10, zu erzielen ist... nun ja, 10%, also nicht besonders hoch. Um seine Aussichten auf einen guten Erfolg zu erhöhen, ist man also bemüht, mehr als nur 1W10 zu würfeln. Hier kommt das mit dem sog. Würfelpool ins Spiel.
Würfelpool-System von Spire
Weitere Würfel gibt es für:
- Eine passende FERTIGKEIT, die der Charakter hat
- Eine passende KOMPETENZ, die der Charakter hat
- Eine eventuelle AUSZEICHNUNG bei der Aktion, über die der Charakter verfügt
- HILFE durch andere Charaktere
So kann es passieren, dass die Probe z.B. mit 4W10 abgelegt wird. Beim Ergebnis schaut man sich nur die höchste gewürfelte Zahl an und liest in der erwähnten Tabelle ab, was das bedeutet. Alles über 6 ist ein Erfolg, wobei 6-7 auch negative Auswirkungen auf den Charakter hat. Eine 8-9 ist ein "glatter", eine 10 ein "kritischer" Erfolg. Entsprechend ist 1-5 ein Misserfolg, ebenfalls abgestuft, wobei eine 1 ein "kritischer Misserfolg" ist und ernstzunehmende Folgen für den Charakter hat.
Die SL kann bei besonders schwierigen Aktionen auch bis zu 2 Würfel aus dem Pool wieder wegnehmen. Sollte dadurch theoretisch mit einer "negativen" Anzahl an Würfeln gewürfelt werden, wird trotzdem 1W10 gewürfelt, das Ergebnis auf der Tabelle rutscht dann aber nach unten (eine 10 wird "nur" als eine 8-9 gewertet, eine 8-9 als 6-7 usw.).
Das war's. Mehr gibt es über den grundlegenden Würfelmechanismus bei Proben nicht zu wissen.
Belastung (sozusagen der "Schaden" in Spire)
Bei Schaden der Charaktere (hier "Belastung" genannt und ausdifferenziert in verschiedene Schadenstypen) kommen auch andere Würfel zum Einsatz, etwa ein W3, ein W6 oder ein W8.
Das Wichtigste vorweg: In Spire werden die Charaktere sehr, sehr oft Schaden nehmen. Denn alle Würfelergebnisse ≤7 bringen sog. "Belastung". Diese ist in fünf Kategorien unterteilt, wobei
"BLUT" am ehesten den traditionellen Trefferpunkten entspricht, die man aus anderen Rollenspielen kennt.
"GEIST" hat mit mentaler Stabilität zu tun, mit Ruhe und Ausgeglichenheit, kann aber auch, wie bei
Cthulhu oder
Mythos World üblich, Aspekte von "Wahnsinn" beinhalten.
"SILBER" hat mit Ressourcen zu tun.
"DECKMANTEL" damit, unerkannt und verborgen zu bleiben, also sozusagen damit, "unter dem Radar" zu operieren. Und
"LEUMUND" schließlich misst das Ansehen in der Gemeinschaft.
Ist die Szene, in der eine Aktion nur ein Würfelergebnis von 1-7 gebracht hat, wenig riskant, bedeutet das, dass der*die Spieler*in mit einem W3 würfelt und das dem Wert in Belastung hinzufügt. Ist die Szene durchaus riskant, wird mit einem W6 gewürfelt. Ist die Szene wirklich sehr waghalsig, dann sogar ein W8. Die Belastung kann man auf dem
Spire-Charakterbogen eintragen (bei System Matters kostenlos als PDF erhältlich), wobei das Regelbuch empfiehlt, dass die SL die Buchhaltung führt.
Denn die Belastung ist noch nicht alles. Es gibt auch sog. KONSEQUENZEN. Das ist die schlimme Folge von zu viel Belastung. Jedes Mal, wenn ein Charakter auf die beschriebene Weise Belastung erhält, würfelt die SL 1W10. Unterwürfelt sie dabei die aktuelle Gesamtbelastung des Charakters, hat diese Belastung eine Konsequenz. Konsequenzen sind auch in drei Stufen unterteilt. Geringe Konsequenzen wirken nur für eine kurze Zeit und behindern den Charakter meist nur für eine Szene. Mittlere Konsequenzen hingegen bestehen länger und behindern stärker. Und große Konsequenzen verändern das Leben des Charakters meist nachhaltig, also falls der Charakter das überhaupt überleben sollte... Beispiele für Konsequenzen sind im Buch und die sind wirklich enorm abwechslungsreich. Fast könnte man sich drüber freuen, wenn es den Charakter mal trifft... aber eben auch nur fast.
Zumindest bedeutet das Erleiden von Konsequenzen auch, dass sich die Belastung reduziert (man also nicht sofort bei der nächsten Probe wieder ein hohes Risiko hat, eine Konsequenz zu erleiden). Ferner kann man Belastung abbauen, indem man sich darum kümmert (was im Spiel meist einfach Zeit kostet, in der man sonst nichts machen kann), oder indem das tut, was der Charakter gerne macht (Erquickung), oder indem der Charakter untertaucht. Letzteres kann auch hilfreich sein, um zu erklären, wieso ein Charakter in einer Sitzung mal nicht dabei ist, wenn die*der Spieler*in fehlt. Die Figur muss dann nicht als sprachloser "Zombie" mitlaufen, sondern ist dann einfach mal eine Sitzung lang "untergetaucht". Ein netter in-game-Mechanismus, um fehlende Spieler*innen am Tisch zu erklären.
Viel komplizierter als hier beschrieben wird es eigentlich nicht. Es gibt noch eine kleine Zahl an zusätzlichen Regeln, etwa zum Widerstand gegen Belastungen oder zum Abbau von Konsequenzen. Aber nach Lektüre dieses kurzen Blogposts weiß man im Grunde alles Grundlegende über das Thema.
Fertigkeiten, Kompetenzen, Auszeichnungen und Finesse
Abschließend noch ein kurzes Wort zu den bereits erwähnten Methoden, weitere Würfel bei einer Probe zu erhalten: durch Fertigkeiten (skills), durch Kompetenzen (domains), Auszeichnungen (mastery) oder durch Finessen (knacks).
Fertigkeiten sind das, was der Charakter kann. Sie sind quasi on/off, d.h. entweder man hat die Fertigkeit oder man hat sie nicht. Jede Charakterklasse startet mit zwei der insgesamt neun Fertigkeiten, außer die Klasse Gebundene*r, die mit drei Fertigkeiten startet. Die Skills umfassen z.B. "ermitteln" oder "verbergen" oder "reparieren" und sind ziemlich selbsterklärend.
Kompetenzen. Hier bin ich neugierig, wieso das englische "domain" nicht eher mit "Kompetenzbereich" übersetzt wurde. Denn es geht eigentlich auch stark um Bereiche innerhalb der Stadt Spire. Wer z.B. eine Aktion in einem Bereich ausführt, in dem er*sie kompetent ist, erhält einen weiteren W10 bei der Probe. Hat ein Charakter etwa die Kompetenz "Bessere Gesellschaft", so würfelt er sowohl in Anwesenheit der Hautevolee mit einem zusätzlichen W10, als auch an allen Orten der besseren Gesellschaft (etwa in einem Ballsaal, ganz gleich, ob da Leute der besseren Gesellschaft zugegen sind oder nicht). Da finde ich, dass "Kompetenzbereich" das eingängigere (wenngleich längere) Wort ist. Jedenfalls hat jede Charakterklasse i.d.R. zu Beginn zwei Kompetenzen (Ausnahme: V-Bahn-Gelehrte, die mit 3 starten). Wichtig zu wissen ist, dass acht der neun Kompetenzen, den Beschreibungsteil des Buchs ausmachen. So gibt es ein Kapitel zu den "Gruppierungen der Akademe" (85-92), eins zu den "Gruppierungen des Handels" (93-104), eins zu den "Gruppierungen des Verbrechens" (105-110) usw. Und das sind alles gleichzeitig auch Kompetenzen, die die Charaktere haben (oder nicht haben). Das Setting und die Regeln sind also eng miteinander verzahnt.
Auszeichnung: Leider in den Regeln nicht so gut erklärt, wie auch schon auf dem
System Matters-Discordserver diskutiert wurde (z.B.
hier). Vielleicht hätte hier die Übersetzung besser sein müssen als das Original und in der Regelsektion (S. 13) schon erklären können, dass sich Auszeichnung meist aus den Fähigkeiten der Charakterklassen ergibt. So steht beispielsweise bei der Klasse Aufwiegler unter der Hauptfähigkeit "Vorneweg marschieren", "Ist dein Deckmantel mit 6 oder mehr Punkten belastet, führst du alle Aktionen mit Auszeichnung aus" (S. 38). Das erfährt man aber im Regelteil noch nicht und muss sich daher fragen, wo Auszeichnung überhaupt herkommt; das erfährt man erst später im Buch.
Finessen ergeben sich, wenn ein Charakter Kompetenz oder Fertigkeit aus irgendwelchen Gründen ein zweites Mal erhält. Dann entwickelt er eine besondere Kenntnis daran und auch das kann einen Wurf mit Auszeichnung zur Folge haben (S. 22).
Das war's mit dem dritten Teil. Teil 4 dann heute Abend live auf dem System Matters-Twitch-Kanal (und später hier eingebunden als Video).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Reisender, hinterlasse einen Kommentar auf dem PhexBasar!