Wie jedes Jahr blicke ich auch am Ende von 2021 auf das Rollenspieljahr zurück und schaue, was ich, wie oft, wie lange, mit welchen Leuten, wo und wie gespielt habe. Lassen wir zuerst die nackten Zahlen sprechen, ein paar allgemeine Gedanken und ein Ausblick auf das kommende Jahr dann weiter unten.
Nur die zwei wichtigsten Kennzeichnungen vorweg.
Erstens: 2021 war ein weniger-Rollenspiel-Jahr.
Zweitens: Die zweite Jahreshälfte war sehr anders als die erste.
Wieviel und wann habe ich gespielt?
Ich habe 2021 112 Runden gespielt, und damit 21 weniger als im Vorjahr 2020, als es 133 waren (siehe hier).
Die durchschnittliche Spieldauer betrug 176 Minuten. Das sind gerundet 20.000 Minuten, also 333 Stunden, als knapp zwei Wochen non-stop Rollenspiel. Tendenz war allerdings fallend. Dominierten 3,5-4 Stunden-Sitzungen zu Jahresbeginn hat sich mein sweet spot nach dem Sommer immer mehr zu 2,5 Stunden verschoben.
Die meisten Runden fanden in der ersten Jahreshälfte statt. Das Sommerloch (Juli 7, August 4 Runden) ist typisch: Das Wetter ist gut, die Infektionszahlen niedrig, die Impfung drin, da bin ich dann tatsächlich endlich wieder vermehrt in das "richtige" Leben da draußen gegangen und habe Freund*innen getroffen. Allerdings hat es sich danach auch nicht mehr erholt. Wäre die 3W6 Con im September nicht gewesen, die meine September-Runden auf 11 hat hochschnellen lassen, wäre die gesamte zweite Jahreshälfte einstellig pro Monat geblieben.
Wieso diese geringe Zahl nach dem Sommer? Das hat viele
Gründe. Pandemiebedingt war 2020 die Zahl meiner Runden in die Höhe geschossen. Was sollte man sonst auch tun, wenn man niemanden sehen durfte und alle Theater, Kinos, Konzerthallen, Restaurants geschlossen waren? Das hat mich wirklich gut durch die Pandemie gebracht. Aber es hat sich, wie vielleicht zu erwarten war, auch ein wenig abgenutzt. So gerne ich spiele, so gerne ich viel spiele... irgendwann nach rund 200 Runden war die Luft raus. Der andere Grund: Meine Bandscheibe. Ohne ins Detail zu gehen, MRT sagt: Die ist nicht mehr so doll. Und das hängt sehr mit dem vielen Sitzen zusammen. Da ich beruflich den ganzen Tag sitze, fiel es mir in der zweiten Jahreshälfte zunehmend schwerer auch abends noch zu sitzen und Rollenspiel zu spielen. Ein paar Mal habe ich experimentiert: Habe die Kamera ausgelassen und gelegen, habe im Stehen gespielt, auf Gymnastikbällen... aber das hat alles nur bedingt gut funktioniert. Weitere Gründe sind eher privater Natur, warum ich meine Zeit anders sortieren und das Rollenspiel reduzieren musste. Ich gehe davon aus, dass die Zahl in 2022 im zweistelligen Bereich bleiben wird.
Mit wem, wo und wie habe ich gespielt?
In 2021 habe ich
mit 76 verschiedenen Menschen gespielt. Die meisten kannte ich schon, teilweise sehr gut und lange. Aber auch ein paar neue Bekanntschaften habe ich schließen können. Rollenspiel ist und bleibt ein supersoziales Hobby und allein dafür liebe ich es sehr, weil ich unendlich gerne Zeit mit anderen Menschen verbringe (Spoiler: Deshalb sind Solo-Rollenspiele leider nicht so mein Ding...)
WO habe ich gespielt? Das Bild ist deutlich. Über Zoom. Und fast nirgendwo anders. Anfang des Jahres hatte ich vermehrt TeamSpeak-Runden, da meine Splittermond-Runde darüber spielt. Da wir aber aktuell pausieren, ist es bei der kleinen Zahl geblieben. Jitsi taucht nur deshalb in der Liste auf, weil ein mir sehr lieber Rollenspielmensch aus Wien darauf schwört (und Zoom nicht mag). Und Tisch... tja, das ist natürlich traurig, aber eben auch nachvollziehbar: Auch in 2021 bin ich nur auf zwei Tischsitzungen gekommen. Weil Pandemie und so. Jedes Mal mit Tests, alle geimpft und nur zu Zeiten, als die Infektionszahlen allgemein sehr niedrig waren. Und was soll ich sagen: Online ist ganz nett. Aber im Vergleich zum Tisch, gemeinsam im Raum, mit lieben Menschen ist online der Mond und Tisch die Sonne. Ich hoffe so sehr, dass 2022 uns langsam wieder an die Tische zurückkehren sieht. Ich wünsche mir das so so sehr.
Die
Verteilung SL oder Spieler war ca. ein Drittel (SL) zu zwei Drittel (Spieler). Auch hier war, was die Grafik nicht zeigt, ein deutlicher Knick in der Jahresmitte festzustellen. Bis ca. Juni war ich mehr SL als Spieler, danach kippte es. Die Gründe sind dieselben wie schon oben erklärt. Etwas weniger Lust, etwas mehr Rücken usw... Ich glaube insgesamt finde ich diese 1-zu-2-Verteilung aber ganz gut. Ich leite wirklich sehr gerne. Insbesondere Spiele, die ich sehr gut kenne. Aber ich spiele auch gerne. Übrigens geleitet habe ich vorwiegend
Brindlewood Bay (Überraschung! ;)) und
The Between.
Nicht aufgeführt sind hier die SL-losen Spiele. Da es nur wenige waren, habe ich sie der Einfachheit halber als "SL" gezählt, wenn ich Facilitator war und als "Spieler", wenn das jemand anderes gemacht hat.
Was habe ich gespielt: Spiele und Systeme
Bleibt noch die wichtigste Frage: WAS habe ich gespielt. Hier gibt es einige Kontinuitäten zu
2020, aber auch Neuheiten.
DSA ist nach wie vor in meiner Liste der Sieger. Was daran liegt, dass ich eine über die Jahrzehnte gewachsene feste Runde habe und wir uns in Aventurien "zu Hause" fühlen. Aber man sieht, dass wir keine so innigen Gefühle für DSA4.1 (gar nicht mehr gespielt) oder DSA5 haben (zu dem wir uns nur 5 Mal durchringen konnten). Die meiste Zeit haben wir versucht, DSA mit FATE-Regeln zu spielen, was insgesamt, so mein Fazit, so mittelgut geklappt hat. Daniel Heßler war so freundlich, das erste Abenteuer seiner Theaterritter-Kampagne für uns zu leiten und wir hatten viel Spaß, uns die FATE-Punkte hin- und herzuschieben. Aber irgendwie haben wir dann nach 14 Runden das Experiment gemeinsam beendet. Aktuell also nolens volens DSA5. Zählt man die 14 FATE-Runden und DSA5 zusammen, kommt man auf 19 Sitzungen in Aventurien.
Myranor (7 Runden) kann man ins erweiterte DSA-Universum rechnen. Hier haben wir ein Abenteuer beendet und pausieren gerade. Das war eine Pandemierunde, gestartet im April 2020. Schade, dass der derzeitige Lizenzinhaber kein Interesse an dem Spiel hat.
Brindlewood Bay (13 Runden) ist nach wie vor mein Lieblings-PbtA-Spiel. Und zwar mit großem Abstand. Ich halte es, wie ich schon oft ausgeführt habe, für eins der originellsten und klügsten PbtA-Spiele mit einem wundervollen Setting. Es kommt Anfang 2022 auf Deutsch raus, ich durfte es übersetzen, was mir viel Spaß (und ein paar Kopfschmerzen) gemacht hat.
The Between (14 Runden) ist wie auch Brindlewood Bay von Jason Cordova. Ich durfte mehrere Runden mit Jason selbst spielen, habe mehrere davon geleitet und eine kleine Minikampagne hier in Deutschland spielen dürfen. Es nutzt die Engine von Brindlewood Bay, allerdings in gewisser Weise die Version für Fortgeschrittene. Es hat spannende neue Mechaniken, die hervorragend zum Setting passen und braucht dringend eine deutsche Übersetzung, System Matters ;)
Mythos World (12 Runden) hat uns gut gefallen. Wir haben die dt. Übersetzung von System Matters genutzt.
DnD5 (12 Runden): Bis letztes Jahr hatte ich noch nie DnD gespielt, jetzt taucht es in meinen TOP5 auf. Das liegt, würde ich sagen, zu 90% an der wunderbaren Runde mit unglaublich lieben Menschen. Zusammen gehen wir monatlich einmal ins Eiswindtal, um die Frostmaid zu besiegen (wovon wir gefühlt noch weit entfernt sind).
Der Rest verteilt sich auf viele andere Spiele, die ich nur 1-2 Mal gespielt habe. Nicht, weil sie mir nicht gefallen hätten. Sondern weil viele als One- oder Few Shots angelegt gewesen waren. Oder weil ich eben in 2021 immer noch "Kilometer machen" wollte und anfangs viele neue Spiele ausprobieren wollte. Da spielt man halt oft nur mal eine Runde und zieht dann weiter zum nächsten Spiel.
Was bringt 2022 im Rollenspiel? Was wünsche ich mir? Was plane ich?
2022 ist mein Jubiläumsjahr. Im Sommer 1992 habe ich zum ersten Mal DSA gespielt und es war eine Wucht. 30 Jahre Rollenspiel. Das ist vielleicht nicht das beste Jahr, um weniger zu spielen, aber vielleicht ein gutes Jahr, um sein Hobby zu verändern. Denn:
Ich werde 2022 ganz sicher deutlich weniger spielen als 2021 oder gar als 2020. Die Gründe führe ich weiter oben aus. Das wird klar zweistellig bleiben. Ich gehe auch davon aus, dass ich vorwiegend in Festrunden spielen werde und keine spannenden Systeme über die 3W6-Community oder Drachenzwinge oder Ähnliches anbieten werde.
Promotion für Brindlewood Bay steht auf dem Plan. Eine kleine Podcast-Reihe dazu, sicherlich auch eine Handvoll Demo-Runden. Ich wünsche mir so sehr, dass sich das Spiel gut verkauft. Denn es gibt noch einen Ergänzungsband, den wir ebenfalls gerne übersetzen würden. Ihr wisst, was Ihr zu tun habt!
Ich wünsche mir
mehr Cons. Aber natürlich nur, wenn die Pandemie es erlaubt, hier dürfen wir nicht leichtsinnig werden! Bleiben die Zahlen hoch oder schnellen sogar nach oben,
wonach es leider aussieht, dann werde ich auch meine geplante Teilnahme an der
HeinzCon 2022 absagen sowie auch alle anderen Cons, die da kommen mögen. Online-Cons würde ich meiden, außer meine Bandscheibe erlebt eine Wunderheilung...
Ich möchte aber vor allem mehr im Bereich Übersetzung und Lektorat tätig werden. Da gibt es auch ein paar kleine Neuigkeiten, über die ich noch nicht ausführlich sprechen möchte. Dass ich Brindlewood Bay ins Deutsche übersetzt habe, ist kein Geheimnis. Für denselben Verlag werde ich Anfang 2022 auch noch an drei weiteren Projekten mitarbeiten, dann aber redaktionell oder als Lektor/Korrektor. Da freue ich mich sehr drauf, weil die fraglichen Spiele sehr gut sind. Dass ich weitere Spiele übersetze, schließe ich nicht aus. Es gibt ja auch noch die große Schwester von Brindlewood Bay, nämlich The Between... aber warten wir es ab. Allerdings ist das natürlich sehr zeitintensiv und mit viel Sitzen verbunden (lektorieren kann ich auch im Stehen am iPad mit Apple Pencil sehr gut, beim Übersetzen geht das nicht).
Abschließend möchte ich gerne diesen Blog aufräumen. Neues Layout, vielleicht Umzug auf eine neue Domain. Da Layout aber meine absolute Achillesferse ist (man sieht es ja), zögere ich noch.
Also, weniger Rollenspiel heißt erstmal nur weniger Spielrunden. Aber dem Hobby untreu werde ich auf keinen Fall. Es ist und bleibt neben der Musik mein allerliebster Zeitvertreib.
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