Sonntag, 20. Dezember 2020

Rollenspielstatistik 2020

Das Jahr ist fast vorbei. Und was für ein Jahr war das! Auf Grund gewisser globaler Ereignisse, dürfte es kaum überraschen, dass die Zahl der Online-Runden (88%) deutlich über der der Offline-Runden lag (12%), auch wenn 2020 zunächst mit einem gegenläufigen Trend begann. Lediglich 16 Runden fanden am Tisch statt, 117 Online. Aus Gründen. Ihr wisst schon...

Wie oft, wo, wie lange und in welcher Sprache spielte ich?

Insgesamt habe ich 2020 133 Runden gespielt. Über die Spielzeit führe ich nicht Buch. Der Durchschnitt dürfte aber bei etwas über 3 Stunden liegen, so dass wir, gerundet, auf ca. 400 Spielstunden kommen, das sind fast 17 volle Tage.

Ich hatte meine Gauntlet-Mitgliedschaft für längere Zeit pausiert. Über die 3W6-Community und die Drachenzwinge hatte ich zwei vollwertige Communities, die mich mit Runden versorgten, so dass das Angebot schon überreichlich war. Daher habe ich nur schlappe 4 Runden auf Englisch gespielt, und 129 auf Deutsch. Das würde ich 2021 gerne wieder etwas ändern. Die Gauntlet-Mitgliedschaft ist reaktiviert und ich werde ab Januar versuchen, wieder verstärkt auf Englisch zu spielen.

Leider habe ich nicht immer notiert, ob die Online-Runden mit oder ohne Kamera waren. Ich würde schätzen, dass der Anteil der Spiele mit Kamera ca. bei 80% gelegen hat. Ich genieße aber auch sehr die voice only-Runden (bei denen ich natürlich immer eine Hose anhatte, Ehrenwort!) ;)

Was spielte ich?

PbtA

PbtA hat auch dieses Jahr die Liste stark angeführt, wenngleich ich "nur" 13 verschiedene PbtA-Spiele gespielt habe: Dungeon World, Der Sprawl, Night Witches, Sommer in Waldsee, Blades in the Dark (~PbtA), Girl Underground, Bite Marks, Brindlewood Bay, Mythos World, Through a Mirror Darkly, Dreams or Destiny, World Wide Wrestling und Thirsty Sword Lesbians. Interessant zu beobachten, dass die Spiele auch im dritten Jahr, in dem ich sie nun sehr intensiv spiele, nicht aufhören, mich zu faszinieren und Neues zu bieten. 

Free League

Spiele, die mich offen gesagt nicht immer begeistern konnten, waren die Free League-Spiele. Davon habe ich sehr viele getestet: Coriolis, Tales from the Loop, Mutant Jahr Null, Alien, Vaesen und Verbotene Lande. Es gab ohne Frage viele schöne Einzelrunden darunter. Aber die Engine selbst hat mich nicht restlos überzeugen können. Das schöne Layout der Bände hat mich zu einigen Käufen bewogen. Manche der Bände habe ich inzwischen auch auf eBay weiterverkauft, weil ich wusste, dass ich sie nicht mehr spielen würde. Interessiert wäre ich momentan höchstens noch an einer sehr storygetriebenen Vaesen-Runde. Mir scheint insbesondere, dass der Erkundungsaspekt bei Mutant und Verbotene Lande etwas ist, das für mich eher im Computerspiel funktioniert, als am Tisch. Denn ein Computerspiel bietet mir eine Map an, die ich erkunden soll und will, während die Charakterfreiheit im Computerspiel nur eine scheinbare ist. Ich kann meinen Charakter zwar "so oder so" spielen und wenn es ein gutes Spiel ist, wird die Umwelt entsprechend reagieren. Aber letztlich sind ja alle Narrationspfade geskriptet und die Abweichungen daher selbst bei Triple-A-Spielen nicht ansatzweise so komplex wie am Rollenspieltisch. Dass die Kartenerkundungsspiele von Free League also den Akzent sehr auf die Exploration setzen, ist für die Abwechslung vielleicht nett, kann mich aber letztlich nicht überzeugen. Klar kann ich das alles tweaken und aus Verbotene Lande ein lupenreines Charakterspiel machen. Aber dann kann ich auch gleich ein anderes Spiel spielen... So: Wer überzeugt mich jetzt bitte vom Gegenteil? Die coffeetable book-Qualität der Bände sorgt wirklich dafür, dass ich diese Spiele mögen will... 

Mobile Zero Firebrands

Die Mobile Zero Firebrands-Spiele kamen leider erst spät dieses Jahr dazu. The King is Dead und For the Honor haben mir aber so gut gefallen, dass ich 2021 sicherlich mehr davon spielen werde. Cleveres System, wieder sehr auf die Form reduziert, mit einer gesunden Mischung aus Meta und Immersion. Ich freue mich auf die Spiele, die da sicher in Kürze rauskommen werden.

"Klassische" Systeme

Da war viel DSA 4.1 dabei, denn wir haben am 22.11.2020 Borbarad besiegt. Nach fast 11-jähriger Spielzeit sind wir mit der G7-Kampagne fertig geworden. Auch wenn die Kampagne sich am Ende gelegentlich nach "Arbeit" anfühlte, waren wir alle stolz und froh, sie bewältigt zu haben. Und wenn ich zurückdenke, kann ich sagen, dass in der Top 10 meiner schönsten Rollenspielmomente ganz viele davon mit dieser Kampagne verbunden sind. An meine Mitspielenden und die Spielleitung vielen Dank für 11 Jahre Borbarad-Jagd. Das ist etwas ganz Besonderes gewesen.

Splittermond ist als weiteres klassisches System in mein Leben getreten. Das fühlte sich an, wie nach Hause kommen. Ich hoffe, die Autor:innen nehmen es mir nicht übel, wenn ich sage, dass es sich für mich angefühlt hat, wie damals, 1992 zum ersten Mal DSA zu entdecken. Es ist Wiederholung-mit-Differenz, wie Kierkegaard so schön sagte. Vertraut genug für das wohlige Gefühl des Wiedererkennens. Neu genug, um viele Stunden des Entdeckens hineinzuversenken. Ich glaube, dass das ein Spiel ist, dass ich, nun da ich nach G7 eine längere DSA-Pause einlegen möchte, 2021 öfter spielen und sicher auch leiten werde. Es war tatsächlich auch das von mir am meisten gespielte Spiel 2020 (s.u.). Für meine Gruppe, wenn Ihr das lest: "Mondsegler: Freunde für immer!"

Ja... und dann kam dann noch so ein trad game in mein Leben, über das ich seit 1992 verächtlich die Nase gerümpft habe. DnD (don't @ me!). Als DSA-Spieler durfte ich mich früher gar nicht dafür interessieren; als "Erzählspieler" darf ich mich heute gar nicht dafür interessieren. Aber was interessiert mich schon, was mich interessieren darf...?! (krass rebellisch, I know...) DnD 5E ist ein wirklich gelungenes Spiel. Ich mag es gerne und verstehe seinen Reiz sehr. Dazu kommt, dass ich eine wunderbare DnD-Gruppe habe, mit der das Spielen sehr viel Spaß macht. Tja, tut mir leid. Ich bin jetzt auch so einer... 

Ich zähle zu den trad games auch einfach mal Der Schatten des Dämonenfürsten. Denn das ist im Grunde eine streamlined Version von DnD. Obwohl 5E schon sehr schlank ist, hat das noch klobige Regeln. Der Dämonenfürst hat das Klobige entfernt und damit, nach Rob Schwalbs Aussage, ein Rollenspiel für Erwachsene geschaffen. Nicht nur auf Grund seines düsteren Inhalts. Sondern auch, weil die Regeln überschaubar sind und den Spielenden erst nach und nach serviert werden. Das ist natürlich nicht revolutionär, aber beim Dämonenfürsten einfach sehr elegant gelöst. Sobald man einen Teil der Regeln verinnerlicht hat, kommt der nächste kleine Happen zum Lernen. So dass auch Erwachsene, die einfach keine Zeit mehr haben, stundenlang Regeln zu lernen, hier mit eingeschlossen werden. Davon werde ich 2021 sicherlich mehr spielen.

Eine Prise OSR

Die OSR habe ich auch gekostet. Z.B. mit DSA1 (genau, Silvana befreit und die SL hatte sogar für ein paar Minuten die Maske auf dem Kopf) mit DCC, mit Labyrinth Lord. Nicht selten saß dabei Moritz hinter dem Spielleitungsschirm. Bisher waren das immer nur Oneshots. Die haben mir alle viel bis sehr viel Spaß gemacht. Neugierig wäre ich, mal eine kleine Minikampagne auszutesten, um zu sehen, ob es mir auch über die Zeit Spaß macht. Moritz...?

Was spielte ich wie oft?

  1. Splittermond: Wie schon erwähnt, führt Splittermond, ein wenig zu meiner Überraschung, die Zahl gespielter Runden an. 13 Mal bin ich nach Lorakis gereist. Es kam mir gar nicht so viel vor. Das spricht für das Spiel.
  2. DSA: Aventurien folgte gleich dahinter. DSA 4.1 spielte ich 11 Mal. Zzgl. 1 Mal DSA1, so dass ich insgesamt 12x in Aventurien war. Das wird in 2021 sicherlich anders werden, da die G7-Kampagne beendet und mein DSA-Appetit damit vorerst gestillt ist. Aber die Theaterritter-Kampagne interessiert mich natürlich schon sehr. Daniel, falls Du das hier liest... ;) Oder eine Kampagne in den Dunklen Zeiten.
  3. Myranor, den Westkontinent auf Dere, der Welt des Schwarzen Auges, bereiste ich immerhin 10 Mal in diesem Jahr. Noch ist die Mini-Kampagne nicht abgeschlossen und ich hoffe, dass 2021 noch ein paar Runden hinzukommen werden.
  4. Brindlewood Bay ist eine kleine und beschauliche Stadt an der US-amerikanischen Ostküste. Dort hielt ich mich 10 Mal in 2020 auf, einmal sogar selbst als Spieler, den Rest als SL. Ich durfte für System Matters die deutsche Übersetzung erstellen. Sie ist fertig und wird gerade überarbeitet. Das Spiel ist seit rund einem Jahr mein Lieblings-PbtA-Spiel
  5. Quietus spielte ich 8 Mal. Es ist ein wirklich dankbares Spiel. Ohne Vorbereitung und ideal auch für sehr kleine Runden von 1SL +2 Spielenden. Ich kann das Spiel nicht hoch genug loben. Es macht seinen Job (Horror-Spiele) perfekt und füllt durch seine 3-Personen-Begrenzung eine Lücke: Spiele für Klein- und Kleinstrunden. 
  6. Der Sprawl wurde 4 Mal bereist.
  7. Der Schatten des Dämonenfürsten fiel 4 Mal auf unsere Spielabende.
Danach folgen eine Reihe von Spielen mit je 3 Sitzungen:
  • Dungeon World
  • Girl Underground
  • Numenera
  • Lady Blackbird
  • Mutant: Jahr Null
  • DnD 5E
Und eine Reihe von Spielen mit je 2 Sitzungen. Nicht selten handelte es sich dabei um den klassischen "Twoshot", eins meiner Lieblingsformate. Man bekommt einen guten Einblick in das Spiel, muss aber weder hetzen wie bei einem Oneshot, noch sich lange verpflichten wie bei einer Kampagne: 
  • Kids on Bikes
  • For the Honor
  • Psi*Run
  • Kagematsu
  • Starship Ultralux
  • Bite Marks
  • Night Witches
  • Sommer in Waldsee
  • Final Girl
  • NIP'AJIN (Robin Redshirt, nachzuhören auf jaegers.net)
  • Blades in the Dark
Den Abschluss machen die Oneshots (oder in Ausnahmefällen: Spiele, bei denen mir ein Oneshot genügt hat).
  • Dakota: Der Weg nach St. Paul (Witch: Road to Lindisfarne-Hack von @ScarSacul)
  • Fate (Masters of Umdaar)
  • Hoper (Trophy-Hack von @heckmueller)
  • Alien RPG
  • For the Queen
  • Wanderhome
  • Etwas zu verbergen
  • The King is Dead
  • Coriolis (mit FU-Regeln)
  • Kingdom
  • DCC
  • Thirsty Sword Lesbians
  • Afterlife: Wandering Souls
  • Microscope
  • Night Reign (nachzuschauen auf Leandros Kanal)
  • Hey Man I Love You, But No Fucking Way
  • ViewScream
  • Swords without Masters
  • Tales from the Loop
  • Ein ruhiges Jahr
  • Trophy
  • Eden
  • World Wide Wrestling
  • Heroes of the Hearth
  • Damn the Man Save the Music
  • Vaesen
  • Verbotene Lande
  • Alice is missing
  • Ten Candles
  • Mythos World
  • Through a Mirror Darkly
  • Dreams or Destiny (Hearts of Wulin Hack)
  • Labyrinth Lord

Was gefiel mir sehr gut?

Im Rückblick ist es schwer zu sagen, was mir alles besonders gut gefiel. Da waren zahlreiche wunderbare Runden dabei. Wie immer gilt: Die besten Spiele machen noch keinen gelungenen Abend; den machen die besten Leute. Und mit denen zu spielen hatte ich dieses Jahr besonders viel Glück. Die ausgeglichene Mischung aus Festrunden mit guten Freund:innen und Fewshots, in denen ich oft mit Leuten in Kontakt kam, die ich noch nicht kannte hat dafür gesorgt, dass ich insgesamt mit vielen wunderbaren Menschen spielen durfte. Das habe ich nie notiert, daher kann ich nicht sagen, mit wievielen Menschen ich gespielt habe. Aber es sind wohl so um die 100. Es ist ein sehr soziales Hobby und das schätze ich am meisten. 

Was ich mir für 2021 vornehme

Bevor ich mit dem Ausblick auf 2021 schließe, ein kurzer Rückblick auf den Ausblick für 2020, über den ich hier schrieb. Damals nannte ich zehn Spiele, die ich in 2020 spielen wollte. Die Quote beträgt 50%. Ich spielte: Die Verbotenen Lande, Blades in the Dark, Mutant: Jahr Null, Der Sprawl und Splittermond. Nicht gespielt habe ich von der Liste: Dialect, Masks, Noirlandia, Hearts of Wulin und After the War. Diese fünf Spiele bleiben also gewissermaßen auf meiner Liste (falls wer etwas davon spielen oder leiten möchte... Ihr wisst, wo Ihr mich findet!).

Und nun zu 2021: Es gibt so viele Spiele, die ich spielen möchte (siehe hier). Ich nenne hier zusätzlich zu den fünf offenen aus 2020 zehn weitere für 2021 und verbinde damit den Aufruf: Meldet Euch, wenn Ihr interessiert seid, sie mit mir zu spielen.
Und damit schließe ich und wünsche Euch allen ruhige Feiertage und ein gutes 2021! Wir können es gebrauchen.

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